Profile der Wissenschaftsbotschafter/innen
Ass.-Prof. Christina Kaiser
- 2 Besuche pro Jahr
- Regionen: Burgenland, Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark, Wien
- Anfallende Kosten für die Schule: Ersatz der Fahrtkosten
Forschungsschwerpunkte
- Kohlenstoff- und Stickstoffkreisläufe in terrestrischen Ökosystemen (speziell im Boden) und ihre Reaktion auf den Klimawandel
- Interaktionen zwischen Pflanzen, "Mycorrhizapilzen" (mit Pflanzen vergesellschaftete, symbiotische Pilze) und anderen Bodenmikroorganismen
- Mathematische Modellierung von mikrobiellen Abbaugemeinschaften im Boden
Aktuelle Projekte
Der "Primingeffekt" in der Rhizosphäre: Pflanzen geben laufend energiereiche, leicht abbaubare Kohlenstoffverbindungen, wie z.B. Zucker oder Aminosäuren, über ihre Wurzeln in den Boden ab. Diese "Wurzelexudate" sind nicht nur ein gefundenes Fressen für Bodenmikroorganismen, sondern beschleunigen auch den mikrobiellen Abbau und damit die CO2-Freisetzung aus ansonsten schwer abbaubarem organischen Bodenmaterial (bestehend aus Überresten von Pflanzen, Mikroorganismen und Tieren) – ein Effekt der auch noch anhält, nachdem die leicht abbaubaren Kohlenstoffverbindungen, die ihn ausgelöst haben, bereits aufgebraucht sind. Dieser so genannte „Rhizosphere priming effect“ ist für den globalen Kohlenstoffkreislauf von wesentlicher Bedeutung. Die Veratmung von organischem Material durch Bodenmikroorganismen ist für den größten Kohlenstofffluss vom Land in die Atmosphäre verantwortlich (ca. 60 Gigatonnen pro Jahr, zum Vergleich: die Verbrennung fossiler Brennstoffe bringt etwa 10 Gt C pro Jahr als CO2 in die Atmosphäre). Der momentane Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre führt zu höheren Wurzelexudationen bei Pflanzen. Um zu beurteilen, welchen Effekt dieser Umstand auf zukünftige CO2-Ausgasungen aus dem Boden haben wird, ist es notwendig, die hinter dem Priming Effekt liegenden Mechanismen besser zu verstehen – diese sind zur Zeit jedoch noch großteils ungeklärt. Aus dem Blickwinkel einer Bakterie ist Boden ein komplexer und räumlich stark strukturierter Lebensraum. Er setzt sich aus mikroskopisch kleinen, in sich verschachtelten "Aggregaten" zusammen. Jedes Aggregat ist ein Konglomerat aus totem organischen Material und Tonpartikeln, das eine eine Vielfalt ökologischer Nischen für Bodenmikroorganismen bereithält. Die mikroskopische Struktur des Bodens steht in ständiger Wechselwirkung mit der Aktivität der Bodenmikroorganismen. Die zentrale Hypothese unseres Projektes ist, dass der Priming-Effekt das Resultat einer Reaktionskette kleinräumiger Wechselwirkungen zwischen Bodenmikroorganismen und der Mikrostruktur des Bodens ist, die durch das anfängliche Vorhandensein eines energiereichen Substrates ausgelöst wird.
Self-organisation of microbial soil organic matter turnover: Im Boden ist mehr Kohlenstoff als organisches Material gespeichert, als in der Atmosphäre und der gesamten Vegetation an Land gemeinsam. Bodenmikroorganismen spielen eine Schlüsselrolle beim Auf- und Abbau von diesen Kohlenstoffreserven. Organisches Material im Boden besteht aus hochkomplexen Molekülen, die nur durch das Zusammenarbeiten verschiedenster Bodenmikroorganismen mit verschiedenen Funktionen ab und umgebaut werden kann. In diesem Projekt möchte ich die Mechanismen des mikrobiellen Auf – und Abbaus von organischem Material im Boden aus der Perspektive der Wissenschaft komplexer Systeme untersuchen. Ein komplexes System besteht aus vielen Einzelteilen, die miteinander interagieren. Diese Interaktionen führen zu einem Systemverhalten, das eine eigene Dynamik hat, also nichts mehr mit den Eigenschaften der Einzelteile zu tun hat. Das System organisiert sich selbst. Der Boden mit seiner großen Menge an interagierenden Mikroorganismen ist ein Musterbeispiel für ein komplexes System. Die zentrale Frage in diesem Projekt ist: Wie funktioniert Selbstorganisation im mikrobiellen Ökosystem Boden und welche Konsequenzen hat es für unser Verständnis vom Auf- und Umbau dieser großen Kohlenstoffreserven?
Trading C versus N in the mycorrhizal symbiosis: Als "Mykorrhiza" bezeichnet man Pflanzenwurzeln, die eng mit speziellen symbiotischen Pilzen verwachsen sind - die Pilze wachsen entweder als Mantel um die Wurzel herum oder in die Wurzelzellen hinein. Die meisten Landpflanzen bilden diese Symbiose aus, d.h. die meisten Pflanzen haben strenggenommen anstatt Wurzeln Mykorrhizae. Mykorrhiza ist meist eine mutualistische (für beide Seite vorteilhafte) Lebensgemeinschaft, in der die Pflanze Kohlenstoffverbindungen an den Pilz abgibt und der Pilz dafür im Gegenzug Wasser und Nährstoffe liefert, die er über sein dichtes Hyphennetzwerk wesentlich besser aus dem Boden aufnehmen kann als es Pflanzenwurzeln könnten. Da jede Pflanze mehrere Pilzpartner haben kann und jeder Pilz mehrere Pflanzenpartner kommt es dadurch auch zur Ausbildung von unterirdischen Netzwerken aus Pilzhyphen, die verschiedene Pflanzen (zum Beispiel in einem Wald) miteinander verbinden. Ich arbeite an mehreren Projekten in diesem Bereich in denen wir (u.a. mithilfe von stabilen Isotopen und bildgebenden Verfahren) untersuchen, wie genau Kohlenstoff gegen Nährstoffe in der Symbiose "getauscht" werden, wie Mykorrhizapilze mit Bodenbakterien interagieren, wie sie den Kohlenstoff und Stickstoffkreislauf im Boden beeinflussen und welchen Einfluss die Vernetzung mehrerer Pflanzen auf deren Konkurrenz untereinander hat.
Auszug aus dem wissenschaftlichen Werdegang
Christina Kaiser studierte Ökologie an der Universität Wien und promovierte 2010 im Bereich Stoffkreisläufe und mikrobielle Ökologie im Boden. 2011 ging sie für ein Postdoktorat an die University of Western Australia (UWA) in Perth, gefolgt von zwei Jahren als Postdoctoral Fellow am International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) in Laxenburg. Sie ist seit 2014 Gruppenleiterin und seit 2019 Assistenzprofessorin am Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Universität Wien.
Organisation
Institut/Abteilung
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Wissenschaftsbereich
- NATURWISSENSCHAFTEN