Profile der Wissenschaftsbotschafter/innen

Univ.-Prof. Andreas Bergthaler

  • 6 Besuche pro Jahr
  • Regionen: Wien, Niederösterreich, Oberösterreich
  • Anfallende Kosten für die Schule: Ersatz der Fahrtkosten (gilt nur für Schulen aus Niederösterreich und Oberösterreich)


Forschungsschwerpunkte

  • Infektionserkrankungen
  • Immunsystem
  • Stoffwechsel
  • Entzündungserkrankungen
  • Viren
  • Surveillance von Krankheitserregern
  • Public Health
  • Krebs / Übertragbare Tumoren bei Tasmanischen Teufeln
  • Citizen Science Projekte und Wissenschaftskommunikation (Fokus: Jugendliche)


Aktuelle Projekte

Wie Virusinfektionen zu Kachexie führen: Viele Patienten mit chronischen Krankheiten wie Krebs, AIDS oder Autoimmunerkrankungen leiden an einer rätselhaften Zusatzerkrankung, der Kachexie. Dabei handelt es sich um ein hochkomplexes und noch wenig verstandenes Syndrom, das zu einem unkontrollierbaren Gewichtsverlust führt. Schrumpfende Fettreserven und ein Abbau des Muskelgewebes führen zur Schwächung des Patienten. Kachexie gilt als einer der Faktoren, die zu einem vorzeitigen Tod beitragen. Die Arbeitsgruppe von Andreas Bergthaler untersucht die molekularen Mechanismen der Kachexie bei Virusinfektionen und hat dabei eine überraschende Rolle für Immunzellen identifiziert. Kachexie ist ein von vielen Faktoren beeinflusstes Krankheitsbild, das bei Patienten mit chronischen Infekten wie HIV, Tuberkulose und Malaria auftritt. Zusätzlich sind 50% bis 80% der Krebspatienten von Kachexie betroffen (Argiles JM et al. Nature Reviews Cancer 2014). Aufgrund verringerter Nahrungsaufnahme und eines veränderten Stoffwechsels verlieren Patienten ungewollt Körpergewicht und Kraft. Fettreserven und Skelettmuskelmasse werden zunehmend aufgebraucht, was durch Nahrungsmittelergänzung nicht rückgängig gemacht werden kann. Kachexie beeinträchtigt die Lebensqualität des Patienten erheblich und verschlechtert das Ergebnis laufender Therapien. Trotz des enormen klinischen Bedarfs sind die Standards für Diagnose und Betreuung von kachektischen Patienten nach wie vor unzureichend und wirksame Behandlungsmöglichkeiten fehlen.

Das Team von Andreas Bergthaler konnte anhand von Tiermodellen zentrale molekulare Akteure identifizieren, die bei chronischen Infektionen zur Kachexie führen. Der durch die Virusinfektion ausgelöste Gewichtsverlust konnte – ähnlich wie bei Kachexie im Zusammenhang mit Krebs – nur teilweise durch verminderte Nahrungsaufnahme erklärt werden und war durch Nahrungsergänzung nicht zu verhindern. Die Untersuchungen zeigten darüber hinaus, dass die Virusinfektion zu einer gravierenden Reorganisation der Architektur des Fettgewebes führte. Dies war mit der Aktivierung der Lipolyse verbunden, einer molekularen Kaskade von Prozessen, die der Körper zur Auflösung seiner Fettdepots verwendet. „Überraschend war“, so Hatoon Baazim, Erstautorin der Studie, „dass keiner der Entzündungsmediatoren, von denen bekannt ist, dass sie Kachexie bei Krebs auslösen, in unserer Infektionsstudie eine Rolle spielen.“. Die Ergebnisse der Studie wurden in Nature Immunology veröffentlicht (DOI: 10.1038 / s41590-019-0397-y).

Bei der Untersuchung anderer möglicher Mechanismen stellten die Wissenschaftler/innen fest, dass ein bestimmter Zelltyp des Immunsystems für die Auslösung der Kachexie verantwortlich ist: CD8-T-Zellen. Diese auch T-Killerzellen genannten Immunzellen erkennen normalerweise virusinfizierte Zellen oder Krebszellen und töten sie ab. Die vorliegende Studie konnte nun zum ersten Mal zeigen, dass CD8-T-Zellen für die Auslösung der Kachexie bei Infektionen eine zentrale Rolle zukommt. Dabei spielen zusätzliche Signale des antiviralen Zytokines Typ-I-Interferon, einem körpereigenen Botenstoff des Immunsystems, sowie die Erkennung des Virus durch die CD8 T Zellen eine wichtige Rolle. Diese Erkenntnisse geben Aufschluss über die komplexen Entzündungsprozesse und Stoffwechselveränderungen bei der infektionsassoziierten Kachexie. Dies kann zu einem besseren Verständnis von Infektionen wie AIDS, Tuberkulose oder Malaria und anderen parasitären Erkrankungen, die Kachexie verursachen, beitragen. Solche neuen Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung könnten die Entwicklung innovativer Therapiestrategien zur Linderung der Kachexie und der damit verbundenen lebensbedrohlichen chronischen Krankheiten anregen.

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Wie das Abwasser wertvolle Informationen für das Infektionsgeschehen liefern kann: Das Sequenzieren von Viruspartikeln aus Abwasserproben ist schon seit 2020 ein wichtiger Teil des COVID19 Pandemiemonitorings in Österreich, das damit international eine Vorreiterrolle einnimmt. Eine aktuelle Studie des CeMM, dem Forschungszentrum für Molekulare Medizin der ÖAW sowie der Medizinischen Universität Wien, der Universität Innsbruck und vieler weiterer Kollaborationspartner zeigt nun, wie erstaunlich detailliert und exakt die Analysen des Abwassers die Variantendynamik widerspiegeln. Diese Studie, publiziert in Nature Biotechnology, liefert eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme und neue bioinformatische Instrumente, die internationale Überwachung von Virusvarianten zu unterstützen.

Dass die Analyse des Abwassers ein geeigneter, ergänzender Ansatz zur Beobachtung des epidemiologischen Geschehens ist, davon wird bereits länger ausgegangen. Dennoch wurde die Methode erst in jüngster Zeit in vielen Ländern flächendeckend ausgerollt. In Österreich widmen sich Wissenschaftler/innen der Forschungsgruppe von Andreas Bergthaler bereits seit 2020 gemeinsam mit Kollaborationspartnern anderer Universitäten und Institutionen in ganz Österreich der Auswertung von Abwasserproben aus Kläranlagen. In der aktuellen Studie konnten die Erstautoren Fabian Amman vom CeMM und Rudolf Markt von der Uni Innsbruck zeigen, dass die Abwasserdaten sehr genau die Verbreitung von Virusvarianten in der Bevölkerung widerspiegeln.

Für die Studie sequenzierten und analysierten die Wissenschaftler/innen von Dezember 2020 bis Februar 2022 insgesamt 3.413 Abwasserproben aus über 90 kommunalen Einzugsgebieten bzw. Kläranlagen, die zusammen wöchentlich mehr als 50 Prozent der österreichischen Bevölkerung abdecken. Mittels einer eigens entwickelten Software (Variant Quantification in Sewage designed for Robustness, kurz VaQuERo) konnten die Wissenschaftler/innen die räumlich-zeitliche Häufigkeit von Virusvarianten aus komplexen Abwasserproben ableiten. Diese Ergebnisse wurden anschließend anhand epidemiologischer Aufzeichnungen von mehr als 311.000 Einzelfällen gemeinsam mit den Infektionsepidemiologen der AGES validiert. Erstautor Fabian Amman, Bioinformatiker in der Forschungsgruppe von Bergthaler am CeMM und der MedUni Wien, erklärt: „Unsere Ergebnisse bestätigen, dass trotz zahlreicher Herausforderungen bei der Abwasseranalyse die Ergebnisse einen sehr genauen Überblick über das Pandemiegeschehen eines ganzen Landes bieten. Für jede Woche und jedes Einzugsgebiet, in denen laut epidemiologischem Meldesystem eine bestimmte Variante zumindest einmal auftrat, sehen wir in 86% der Proben derselben Woche ein entsprechendes Signal im Abwasser. Umgekehrt sehen wir in rund 3% der Abwasserproben Varianten, die dem Patienten-basierten System entgangen sind.“ Die im Rahmen der Studie generierten Daten bieten eine Basis für die Vorhersage neu entstehender Varianten und machen den Reproduktionsvorteil bedenklicher Varianten besser kalkulierbar. Ein weiterer Vorteil des Abwassermonitorings ist zudem, dass auch asymptomatische Personen sowie Personen, die das Testangebot nicht nutzen, in den Daten erfasst werden.

In Österreich konnte insbesondere durch die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen und verschiedenen Behörden frühzeitig ein flächendeckendes Monitoring aufgesetzt werden. Andreas Bergthaler erklärt: „Dies ist auch eine Erfolgsstory, was wissenschaftliche Zusammenarbeit schaffen kann. Im konkreten Fall war dies gekennzeichnet von früh begonnenen und erfolgreich weiterausgebauten Kollaborationen zwischen CeMM und MedUni Wien, Universität Innsbruck, der Medizinischen Universität Innsbruck, der Technischen Universität Wien, der AGES sowie mehr als zehn weiteren Institutionen.“ Gemeinsam konnte gezeigt werden, dass die Virussequenzierungen aus dem Abwasser auf nationaler Ebene einen wesentlichen Beitrag zur Überwachung von SARS-CoV-2 Varianten, dem Pandemiemanagement und der öffentlichen Gesundheit liefern vermag. Es ist zu erwarten, dass der Fokus auf SARS-CoV-2 zukünftig auch auf die Analysen anderer Infektionserreger im Abwasser Anwendung finden wird. Somit liefern die Erkenntnisse dieser Studie auch einen wichtigen Beitrag zur internationalen Überwachung von Infektionskrankheiten.

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Warum macht uns das Influenzavirus anfälliger für Bakterien und schwere Lungenentzündungen? Während der saisonalen Grippe-Epidemien verursachen Virusinfektionen der Atemwege Symptome, wie plötzliches hohes Fieber, Husten, Kopf- und Halsschmerzen, rinnende Nase, Müdigkeit und allgemeines Unwohlsein. Gruppen mit erhöhtem Gesundheitsrisiko können dabei sehr ernsthafte, manchmal lebensbedrohliche Erkrankungen entwickeln. Trotz der signifikanten klinischen und gesundheitsökonomischen Auswirkungen dieser sogenannten Superinfektionen sind die molekularen Ursachen für die erhöhte Anfälligkeit gegenüber Bakterien durch und nach Grippeerkrankungen bislang nur wenig untersucht und kaum verstanden. Vorangegangene Studien haben gezeigt, dass schwere Krankheitsverläufe, wie zum Beispiel Lungenentzündungen, sehr häufig nicht vom Virus selbst verursacht werden. Vielmehr scheint der Auslöser die Unterdrückung des Immunsystems durch die Viren zu sein, die den Organismus anfällig für Superinfektionen macht. Der Forschungsgruppe gelang es, einen neuen Koppelungseffekt zwischen dem antiviralen Interferon und dem Enzym Setdb2 zu entschlüsseln, einen neuen Mechanismus zu entschlüsseln, der die antibakterielle Immunabwehr als Konsequenz der Virusinfektion schwächt und deshalb zu gefährlichen Superinfektionen führen kann. Laufende und zukünftige Forschungen zielen nun darauf ab, die molekularen Grundlagen dieses immunologischen Mechanismus zu durchleuchten.

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Wie das Immunsystem unsere eigene Leber schädigt: Hepatitisviren lassen die Leber leiden – das sieht man auf den ersten Blick. Gelbe Haut, dunkler Urin oder heller Stuhl: Die Symptome für das Versagen des zentralen Stoffwechselorgans sind durch den Farbstoff Bilirubin, der sich dabei anhäuft, leicht zu erkennen. Der Krankheitsverlauf ist dagegen hochkomplex: Die verschiedenen Virustypen lösen ganze Kaskaden an Immunreaktionen aus, im schlimmsten Fall führt die dabei entstehende Leberentzündung zum Tod. Obwohl die Krankheit schon seit vielen Jahrzehnten erforscht wird, konnte man die fatalen Schäden, die sie in der Leber anrichtet, bisher nicht erklären. In der jüngsten Studie der Arbeitsgruppe von Andreas Bergthaler am CeMM sowie weiteren internationalen Kollaborationspartnern aus Deutschland, der Schweiz, England, USA und Japan, wurde nun ein wichtiger Teil dieses Rätsels gelöst: Überraschenderweise spielt ein Abwehrmolekül des Immunsystems, das Protein Interferon, eine zentrale Rolle. Dabei ist seine Hauptaufgabe der Schutz vor Infektionen: Interferon schaltet in infizierten Zellen und dem umliegenden Gewebe ein Programm zur Abwehr der Eindringlinge an. Nicht nur bei Hepatitisviren, bei fast allen viralen und bakteriellen Krankheitserregern wird das Protein aktiv - doch es hat auch eine dunkle Seite. Bergthaler und seine Kolleginnen/Kollegen konnten zeigen, dass es zu einer Anhäufung gefährlicher Sauerstoffradikale in Leberzellen führt.

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Warum Krebs bei Tasmanischen Teufeln ansteckend wird: Gesichtstumore von Tasmanischen Teufeln gehören zu den extrem seltenen Fällen übertragbarer Krebserkrankungen. Dennoch sind sie für die medizinische Forschung hochinteressant, da an ihnen grundlegende Eigenschaften entarteter Zellen und ihr Wechselspiel mit dem Immunsystem untersucht werden können.  Tumore können normalerweise ausschließlich in dem Organismus wuchern, aus dessen Zellen sie entstanden sind. Eine Ausnahme in dieser beinahe universal geltenden Regel bilden Tasmanische Teufel, die größten noch lebenden fleischfressenden Beuteltiere der Welt. Unter ihnen breitet sich seit gut zwei Jahrzehnten ein tödlicher Gesichtstumor mit rasanter Geschwindigkeit aus, dem nach aktuellen Schätzungen bisher etwa 90 Prozent der Wildpopulation zum Opfer gefallen sind. Das Besondere daran: Die Krebszellen werden durch einen Biss von einem Tier auf das nächste übertragen. In ihrer neuesten Studie konnten die Gruppe von Andreas Bergthaler zusammen mit nationalen und internationalen Kollaborationspartner, erstmals molekulare Mechanismen nachweisen, die zu der Übertragbarkeit des Tumors beitragen. Dass auch menschliche Krebserkrankungen häufig ansteckend werden könnten, hält Bergthaler dagegen für unwahrscheinlich, wenngleich er es nicht völlig ausschließt. Dennoch, betont Bergthaler, kann ein besseres molekulares Verständnis dieser relativ exotischen übertragbaren Tumoren wichtige Erkenntnisse über die grundlegenden biologischen Mechanismen von Krebs liefern.

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Auszug aus dem wissenschaftlichen Werdegang

  • 1997-2003: Studium der Veterinärmedizin (Veterinärmedizinische Universität Wien, Österreich)
  • 7-9/2001: Klinische Übungen (Universität Edinburgh, Schottland)
  • 7-9/2002: Forschungspraktikum (Universität Tokyo, Japan)
  • 9/2003: Forschungspraktikum (Dänisches Veterinärinstitut, Dänemark)
  • 2004-2007: Doktorarbeit in Immunologie und Virologie (Universität und ETH Zürich, Schweiz)
  • 2007-2008: Postdoktorale Forschung (Universität Genf, Schweiz)
  • 2008-2011: Postdoktorale Forschung (Institute for Systems Biology, Seattle, USA)
  • 2011-2021: Gruppenleiter am CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Wien, Österreich)
  • Seit 2022: Universitätsprofessor für Molekulare Immunologie und Leiter des Instituts für Hygiene und Angewandte Immunologie an der Medizinischen Universität Wien, und Adjunct Gruppenleiter am CeMM


Weitere Informationen zur Vorbereitung von Schulen

Andreas Bergthaler

Organisation

Medizinische Universität; sowie Österreichische Akademie der Wissenschaften

Institut/Abteilung

Institut für Hygiene und Angewandte Immunologie, Department für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie; sowie CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin

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Wissenschaftsbereiche

  • MEDIZIN, ERNÄHRUNG UND GESUNDHEIT
  • NATURWISSENSCHAFTEN